by philomonk
Ich beschäftige mich gerade mit der Unterscheidung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Seit einiger Zeit stößt mir diese Darstellung und ihre vorherrschende Verwendung auf. Die Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern auf der einen Seite und einem Arbeitgeber auf der anderen steht auf dem Kopf. Schließlich ist es der sogenannte Arbeitnehmer, der seine Arbeitskraft und -zeit dem Eigentümer des Unternehmens opfert. Und es ist der sogenannte Arbeitgeber, der die Früchte dieser Arbeit und ihren (Mehr)Wert annimmt, sie veräußert und den Umsatz einstreicht.
Wenn diese Unterscheidung also falsch ist, wozu dient sie dann? Sie dient dazu, ein Machtverhältnis zu etablieren und zu normalisieren: das zwischen dem Eigentümer, der als “Geber” gut da stehen soll, und den Angestellten, die als “Nehmer” schlecht da stehen sollen.
Das heißt, jedes mal wenn wir in Talkshows hören, wie Redner diese Unterscheidung benutzen als ob sie wahr und normal wäre, müssen wir hellhörig werden. Und jedes mal wenn wir selbst diese Begriffe nutzen, übernehmen wir deren versteckte Behauptung, dass Eigentümer gut und Angestellte schlecht wären.
Doch die Arbeitnehmer und -geber Unterscheidung hat nicht nur den Effekt, dass die eine Seite als gut und die andere als schlecht dargestellt wird. Diese beiden Begriffe verschleiern auch die wirklichen Verhältnisse. ‘Arbeit’ wird irgendwie beiden Seiten zugeschrieben, dabei sind nur die Angestellten diejenigen, die arbeiten. Sobald die ursprünglichen Unternehmensgründungsausgaben des Eigentümers wieder erwirtschaftet wurden, streicht er durch Gewinnausschüttungen und beim Verkauf des Unternehmens ausschließlich den Wert ein, der durch die Angestellten mit ihrer Arbeit geschaffen wurde.
Wenn wir also einen Sprachgebrauch wollen, der unsere Verhältnisse wahrheitsgemäß beschreibt, müssen wir von Angestellten auf der einen Seite und von Unternehmenseigentümern – also Kapitalisten – auf der anderen Seite sprechen. Aber nicht nur unser eigener Sprachgebrauch ist wichtig. Es ist wesentlich, dass wir es ablehnen und als Kampfansage verstehen, wenn Redner von “Arbeitnehmern” und “Arbeitgebern” sprechen.
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