Ich beschäftige mich gerade mit der Unterscheidung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Seit einiger Zeit stößt mir diese Darstellung und ihre vorherrschende Verwendung auf. Die Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern auf der einen Seite und einem Arbeitgeber auf der anderen steht auf dem Kopf. Schließlich ist es der sogenannte Arbeitnehmer, der seine Arbeitskraft und -zeit dem Eigentümer des Unternehmens opfert. Und es ist der sogenannte Arbeitgeber, der die Früchte dieser Arbeit und ihren (Mehr)Wert annimmt, sie veräußert und den Umsatz einstreicht.
Ein Wahlplakat der NPD sorgt derzeit für eine leise Kontroverse. Es zeigt ein berühmtes Bild Martin Luthers, darunter die Worte “Ich würde NPD wählen. Ich könnte nicht anders” und weiter unten “Heimat verteidigen”. Die evangelische Landeskirche bezeichnet das Plakat als “gezielte Provokation” und als einen Missbrauch Luthers (DNN vom 2.9., S. 15). Die Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt, die zusammen mit der Evangelischen Kirche Deutschland das Lutherjahr 2017 ausrichtet, äußert sich empört: das Plakat verletze nicht nur ihre Rechte an dem berühmten Bild, sondern auch die Botschaft Luthers.
In der Serie Überschriften übersetzen / Translating the News lese ich die Sprache, das Vokabular einer Zeitungsüberschrift. Mir geht es dabei vor allem darum, implizite Vorurteile und Werturteile sichtbar zu machen. Was dann besonders klar wird, ist, dass die öffentliche Debatte in Deutschland, die öffentliche Debatte auf Deutsch, durchdrungen ist von Doppelmoral und Doppelzüngigkeit in Bezug auf Menschen, die wir als fremd verstehen.